Isometrische Übungen

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Veröffentlichung

Nov 11, 2019

Isometrische Übungen im Hundetraining oder der Verhaltenstherapie

Gestresste Hunde, verhaltensoriginelle oder leicht erregbare, nervöse und ängstliche Hunde profitieren sehr von diesen Übungen. Denn man kann sie als konditionierte Entspannung ins Training mit einbauen.
Gut auftrainiert können diese Übungen langfristig helfen, dass der Hund gelassener wird.

Denn um sich entspannen zu können, muss man loslassen. Das trainieren wir mit den isometrischen Übungen.

Was sind isometrische Übungen?

Durch das Auflegen der Hand mit leichtem Druck kommt es beim Hund zu einer Spannungsänderung im Muskel. Sie fördern die Wahrnehmung des eigenen Körpers, bringen den Hund ins Gleichgewicht zurück und stärken somit das eigene Körpergefühl.
Durch die willentliche An- und Entspannung verschiedener Muskelgruppen muss der Hund seine Konzentration auf sich selbst lenken (vom Auslöser weg), folgt auf die Anspannung nun ein Loslassen, dann kann ein Zustand der Entspannung hervorgerufen werden.

Die Übungen bringen den Hund ins „Hier und Jetzt“ zurück, da er sich auf sich selbst konzentrieren muss.

Das bedeutet nun nicht, dass der Hund nach einer sehr aufregenden Situation sofort in den Tiefschlaf fällt. Aber es besteht die Möglichkeit, dass der Hund schnell wieder runterfährt und aus seiner reaktiven Aktion wieder ansprechbar wird.

Was ist der Nutzen im Hundetraining?

Ein aufgeregter Hund steht unter körperlicher und emotionaler Anspannung, dies kann der Hundehalter leicht daran erkennen, dass die Körperbewegungen steifer werden und die Muskulatur fester. Die Körpermitte verschiebt sich, das Gleichgewicht des Hundes lastet nun mehr auf der Vorder- oder Hinterhand.

Wird das Kampf- oder Fluchtsystem des Hundes aktiviert, benötigt es Energie und die Muskeln werden angespannt, folgt danach nie eine Tiefenentspannung, dann bleibt die Restspannung im Körper und wird beim nächsten Stressauslöser in einer Stresskaskade noch größer. Gesundheitliche Probleme können die Folge sein.

Durch gezieltes Training lernt der Hund, dass nach dem Auflegen der Hand auf bestimmte Muskelgruppen die Entspannung dieser Muskel folgt. Dieses Loslassen kann nur erfolgen, wenn der Hund zurück in sein Gleichgewicht kommt, denn Entspannung ist das Gegenteil von Anspannung.

Wir wollen durch einen angepassten Trainingsaufbau erreichen, dass die Zeichen für Erregung reduziert werden. Ebenso wollen wir die körperlichen Stressreaktionen schnell mindern.

Durch kontinuierliches Training können wir unseren Hunden zu mehr Ruhe im Alltag verhelfen und erwarten langfristig eine Verhaltensanpassung. Stress kann so besser kompensiert werden und bestimmte seelische und dadurch resultierende körperliche Beschwerden können gelindert werden.

Der Trainingsaufbau

Über gezielten Druck auf Muskelpartien lösen wir den Oppositionsreflex im Muskel aus. Wichtig ist, dass der Trainingsaufbau in sehr kleinen Schritten erfolgt und an den jeweiligen Hund angepasst wird. Hunde, die sich ungern anfassen lassen, werden noch kleinere Trainingsschritte benötigen, als es hier beschrieben ist.

Als Erstes überlegen wir uns ein verbales Signal, um dem Hund mitzuteilen, was wir vorhaben. Nach einigen Wiederholungen weiß er dann, was nach dem Signal folgt und es wird für ihn vorhersehbar, was wir von ihm möchten. Wir müssen ihn in angespannten Situationen nicht überrumpeln. Der Hund sollte ein Markersignal kennen oder ein ihm bekanntes Lobwort.

Als Erstes gibst Du Dein

  1. Signal z. B. „anfassen“, dann geht die
  2. flache Hand z. B. zur Schulter. Noch während die Hand dort verweilt, gibt es das
  3. Markersignal/Lobwort und (mit der anderen Hand)
  4. ein Leckerchen. Die Hand bleibt am Hundekörper und geht erst wieder
  5. weg, wenn das Futter aufgefuttert ist.

Das wiederholen wir ein paar Mal hintereinander und nach einer kleinen Pause geht es mit der Übung weiter:

  1. Signal „anfassen“, dann geht die
  2. Hand zur Schulter und
  3. Du baust etwas Druck auf den Körper auf. Noch während die Hand den leichten Druck hält, gibt es das
  4. Markersignal/Lobwort und (mit der anderen Hand)
  5. ein Leckerchen. Die Hand bleibt am Hundekörper und geht erst wieder
  6. weg, wenn das Futter aufgefuttert ist.

Die Zeit, in der Druck ausgeübt wird, wird innerhalb der nächsten Übungen verlängert, 7-10 Sekunden sollten unser Endziel sein. Dann eine Pause von 10-20 Sekunden, in der der Hund die Zeit bekommt „in sich rein“ zu spüren.

Der Druck sollte so leicht sein, dass der Hund den Muskel anspannt, ohne aus dem Gleichgewicht zu geraten. Aber so fest, dass der Muskel sich spürbar anspannt. Das kann von Muskelpartie zu Muskelpartie etwas variieren.

Jede Partie „bearbeiten“ wir 3-5x, um dann zu einem anderen Muskel zu wechseln.

Schulter, Oberschenkel jeweils rechts und links und auch die Brust sind beliebte Muskeln, an denen es gut funktioniert. Die Halsseiten, der Nacken, …
Angelehnt an die progressive Muskelentspannung nach Jacobson arbeiten wir uns gleichmäßig über den ganzen Körper hinweg. Bei jeder weiteren Trainingseinheit können wir eine neue Muskelpartie dazunehmen.

Länger als 5-7 Minuten sollten die Übungseinheit im Gesamten nicht dauern. Wie viele Muskeln Du am Stück trainieren kannst, ist immer eine individuelle Entscheidung.

Wir selbst sollten dabei ruhig sein und ein Gefühl der Sicherheit vermitteln.

Nach circa drei Wochen täglichem Training im geschützten zuhause, können wir die Übungen mit nach draußen nehmen und in ruhigen Situationen weiter trainieren. Im Ernstfall sollten wir sie erst nutzen, wenn der Hund und ihr mit der Handhabung gut vertraut seid.

Nachdem die Iso-Übungen in Aufregung genutzt wurden, dürfen sie zuhause wieder in ruhiger Umgebung aufgeladen werden.

Langfristig muss nicht nach jeder einzelnen Übung mit einem Leckerchen belohnt werden, denn der Hund empfindet die Entspannung bereits als eine Belohnung. Habt Ihr schon beobachtet, dass Euer Hund sich in aufregenden Situationen an Euch drückt? Das kann ein Zeichen zur Selbstentspannung sein, denn dabei werden auch Wohlfühlhormone, wie z. B. Oxytocin ausgeschüttet.

Wir können das Training immer und überall durchführen, weil wir nichts anderes als uns selbst dazu benötigen.

Nehmt Euch immer ausreichend Zeit, wenn Ihr die Übung beginnt. Denn wer Entspannung einüben will, der darf nicht eilen.

Je mehr Zeit Du Dir nimmst, umso weniger wirst Du brauchen.

Dass die isometrischen Übungen nur ein Teil eines Hundetrainings oder einer Verhaltenstherapie sein können, ist selbstverständlich. Sie sind kein Allheilmittel und ein Teil des Ganzen.

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